Brief #6 Diagnose und der Weg für Paul SSW13+2 -17+2 :-(

26.o5.2016

 

Lieber Paul,

Mama und Papa waren am 02.03.16 zu einer ganz normalen Vorsorgeuntersuchung bei der Frauenärztin. Wie immer haben wir uns riesig auf den Ultraschall gefreut und konnten es kaum erwarten Dich wieder sehen zu können. Als es dann soweit war, waren wir wieder hin und weg von Dir. Es war so faszinierend und schön zu sehen wie Du Dich in mir bewegt hast. Die Ärztin beendete den Ultraschall und bat uns in zwei Tagen noch einmal in die Praxis zu einer weiteren Untersuchung zu kommen. Sie nannte uns auch einen Grund der für uns nachvollziehbar klang und uns auch nicht in Sorge versetzte. Die Untersuchung fand allerdings bei einer anderen Ärztin statt.  Aber auch das machte uns nicht stutzig….. Nie im Leben hätten wir uns vorstellen können, das irgendetwas nicht in Ordnung sein könnte…:-( Später erzählte uns unsere Ärztin, dass der Grund den sie uns nannte nur ein Vorwand war um die Untersuchung bei der anderen Ärztin zu begründen ohne uns schon jetzt in Angst und Panik zu versetzen. Sie hatte also schon was auf dem Ultraschall gesehen, das sie aber selbst nicht gut genug beurteilen konnte. Darum hat sie einen Vorwand gesucht. Das fanden wir zuerst komisch zu hören, aber jetzt sind wir ihr sehr dankbar dafür. Das war sehr nachsichtig von ihr. Denn so hatten wir noch zwei Tage mit Dir die wir weiterhin in vollen Zügen genießen konnten.

Zwei Tage später fuhren wir also wieder in die Arztpraxis. Dort wurden wir sehr nett empfangen. Die Untersuchung begann und wir schauten gespannt auf den Ultraschall. Die Ärztin schaute Dich lange an, bevor sie den einen Satz sagen würde… Den Satz der unser Leben für immer verändern sollte und der mir bis heute noch in den Ohren so schmerzvoll nachhallt… Sie sagte: „Dieses Kind hat zwei Besonderheiten….“ Und dann erklärte sie uns was sie auf dem Monitor sah. Ich hörte ihre Worte und konnte es nicht fassen!!! Ich wollte nicht glauben was die Frau da erzählte. Binnen Sekunden stürzte meine wunderschöne Welt in sich zusammen und lag in Trümmern vor mir. Ein so großer Schmerz… schlimmer als es jeder körperlicher Schmerz sein kann. Von ihren Worten kam nichts mehr bei mir an. Nur mit Mühe konnte ich mich selbst davon abhalten von der Liege auf zu springen und einfach weg zu laufen… Als könnte ich Ihre Worte damit ungesagt machen und die Realtät einfach wieder umkehren. Die Ärztin merkte das und beendete dann auch die Untersuchung. Diese Ärztin war so lieb!!Sie hat uns danach noch lange weiter begleitet. Sie war sehr einfühlsam und merkte genau, wie weit sie in diesem Gespräch mit uns gehen konnte. Sie respektierte unsere Grenzen und war dabei aber trotzdem ehrlich und klärte uns gut auf. In diesem ersten Gespräch sagte uns die Ärztin aber auch schon das du sehr schwer krank bist und es wenig Hoffnung gibt, das du ein schönes, langes Leben ohne schmerzen führen werden kannst. Wir vereinbarten noch wie es nun mit den Untersuchungen weitergehen sollte. Wir bekamen einen Termin im Krankenhaus in der kommenden Woche zur weiteren Diagnostik und Adressen von zwei Beratungsstellen, die sich um Eltern wie Mama und Papa und deren Kindern kümmern. Um Familien die in eine solche Situation geraten. Sie hat uns geraten uns unbedingt  bei einer der beiden Stellen zu melden. Leider war es Freitagnachmittag und bei diesen Beratungsstellen war niemand mehr zu erreichen. So gingen wir in das Wochenende das so furchtbar für uns war. Mein lieber Paul… Du wirst das ganz sicher gespürt haben wie traurig Mama war und wieviel Angst auf einmal da war. Deine Oma die wir angerufen hatten kam und kümmerte sich um Mama, denn Papa musste am Abend noch mal zur Arbeit. Das hat er auch tatsächlich gemacht, obwohl es ihm auch sehr schlecht ging. Dieser Freitag und das Wochenende waren die schlimmsten Tage die wir je erlebt haben. Aus meinem Empfinden gab es danach nie wieder etwas das so schlimm war wie diese drei Tage. Dieses nicht wissen wie es weiter gehen soll. Welche Möglichkeiten es für Dich gibt. Ich konnte nicht glauben, das Dein Leben so schwer beeinträchtigt sein sollte. Wir hatten Dich doch auf dem Ultraschall gesehen, wie Du Dich bewegt hast. So bewegt sich doch kein schwer krankes Baby, dachte ich immer wieder. Es nutzte nichts…. wir mussten das Wochenende abwarten. Als dann endlich Montag war, rief Mama erst einmal bei einer der Beratungsstellen an, die die Ärztin uns empfohlen hatte. Das war ein sehr gutes erstes Telefongespräch. Wir bekamen Hilfe. Das spürte ich sofort. Wir vereinbarten mit der Frau einen Termin für den nächsten Tag an dem wir persönlich dort hin kamen. Bei dem Telefongespräch fragte mich die liebe Frau noch, ob ich die Verbindung zu Dir noch spürte…. was ist denn das für eine Frage dachte…. Selbstverständlich!!! Sogar mehr als je zuvor. Der Instinkt Dich zu beschützen war nun vollends in mir erwacht. Ich wusste mein Kind braucht mich jetzt!! Alles ist anders als wir es gewünscht hatten und wie es weiter gehen sollte, konnte ich mir auch nicht vorstellen. Abe ich bin Deine Mama und war in dem Moment und in dieser Situation ganz bei Dir… Sie sagte das sie deshalb fragte, weil sie mir sagen wollte, dass das das einzige aber auch wichtigste ist  was ich und wir jetzt für Dich tun könnten. Diese Verbindung nicht abreißen zu lassen durch die furchtbare Diagnose. Das es sehr wahrscheinlich sei, das wir nur eine kurze gemeinsame Zeit haben werden, aber diese Zeit, unsere Familienzeit, jetzt da ist und die uns niemand mehr nehmen kann. Sollten wir es schaffen diese Zeit gut zu gestalten wäre das das Beste was wir überhaupt tun und erreichen könnten. Mama liefen bei diesen Worten nur noch die Tränen über das Gesicht und ich war kaum noch fähig zu sprechen. Aber diese Worte haben uns sehr berührt und wir konnte sie sehr zu unserem machen. Wir haben die Zeit genutzt… Und auch in dieser schwierigen und traurigen Zeit schöne Dinge miteinander erlebt und unternommen. Ich glaube der Schwimmbadbesuch hat Dir am besten gefallen, denn abends auf dem Sofa habe ich Dich sehr intensiv gespürt, Deine kleinen Bewegungen….

Ab diesem Zeitpunkt bis zu Deiner Geburt begann für uns eine Zeit der Diagnostik, vielen Untersuchungen, das warten auf Untersuchungsergebnisse und vor allem ein Weg der Entscheidungen die wir nun treffen sollten und uns dem nicht mehr entziehen konnten.

Mein lieber Paul…. unter Millionen von Tränen haben wir eine Entscheidung FÜR DICH getroffen!!! Wir lieben Dich von ganzem Herzen und hätten Dich mit jeder Erkrankung oder Beeinträchtigung haben wollen. Das war auch der Grund warum sich Mama und Papa im Vorfeld eigentlich gegen weitere Vorsorgeuntersuchungen entschieden hatten. Uns war klar, so wie der liebe Gott Dich uns gibt, so nehmen wir Dich an. Das das Leben manchmal nicht so einfach ist, das lernten wir erst durch diese Situation. Das es auch noch etwas zwischen krank und gesund und zwischen einem leben mit oder ohne  Beeinträchtigung gibt, das haben wir nicht geahnt….. Wir haben die Entscheidung Dich in Frieden auf die Welt kommen zu lassen, als Eltern getroffen die eine Verantwortung für ihr Kind übernommen haben. Wir leben nun mit dieser Verantwortung für den Rest unseres Lebens und können das gut und sind bereit ein Leben lang dafür ein zu stehen. Du hast uns signalisiert das du uns vertraust, das wir für Dich da sind und alles tun damit für Dich alles gut wird. Das war sehr wichtig für uns und dafür sind wir Dir dankbar mein Schatz…

Nun bist Du im Herzen immer bei uns und gehörst zu unserem Familienleben fest dazu. Es gibt nichts bei dem Du uns nicht begleitest. Du bist ein Teil von uns und wirst es immer sein, bis zu dem Moment in dem wir uns bei den Sternen wieder sehen. Bis dahin weiß ich, bist Du bei Deinen Opas sehr gut aufgehoben. Sie passen gut auf Dich auf und lieben Dich so wie wir es tun.

Ich schicke Dir 1000 Küsse zum Himmel mein Schatz und halte dich so fest ich kann in meinem Herzen.

Deine Mama

 

 

 

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