Pauls Geschichte #6 – Eine Entscheidung die man nicht treffen kann

Nun wussten wir alles…. die ganze grausame Wahrheit!! Wir waren hoffnungslos und sahen uns mit dem Rücken zur Wand!

Man erwartete eine Entscheidung von uns!

Ich wollte einfach nur weg. Wegrennen soweit ich konnte von all den Menschen, die auf unsere Entscheidung warteten. Natürlich ging das nicht. Und so folgten einige Termine bei der Beratungsstelle. Dort sprachen wir über alles, darüber wie es sein würde, die Schwangerschaft fortzusetzen, aber auch über einen Abbruch. Wir sprachen über Trauer, Beerdigung und all den Schmerz den wir in uns trugen!

Dann kam das Osterwochenende. Ein langes Wochenende, wir allein zu Hause immer noch mit der Frage wie es weitergehen sollte… An diesem langen Wochenende sprachen wir intensiv miteinander. Wir dachten uns in jede Situation rein und fühlten rein. Versuchten zu fühlen wie wir weiter leben könnten. Welche Entscheidung waren wir bereit ein Leben lang zu tragen?? Ich dachte ich zerbreche daran. Das was auf Paul zu käme würde ich die Schwangerschaft fortsetzen, wollte ich ihm nicht zumuten.  So viele OPs, Schmerzen und leid… wofür? Für ein kurzes Leben im Krankenhaus, an Geräten, voll mit Medikamenten. Um dort zu sterben. Niemals sein eigentliches zu Hause zu sehen und zu erleben. Nein das ging nicht!!!

Aber die Alternative? Ein Spätabbruch bei medizinischer Indikation?? Niemals!!! Ich kann es gar nicht wirklich in Worte fassen, was dieser Gedanke in mir auslöste. Es war der pure Horror. Hatte ich doch immer wieder gesagt, wir würden mit allem fertig werden. Ich sagte immer dieses Kind darf zu uns kommen, so wie der liebe Gott es uns gegeben hat. Und nun saßen wir da und unterhielten uns über die Möglichkeit eines Spätabbruches. Ich empfand dies als Verrat an meinem Kind , an mir und allen Grundsätzen und meiner kompletten Lebenseinstellung! Und doch musste ich auch diesen Weg prüfen.

Ich schaute mir an diesem Wochenende auch die Homepage des Sternengartens an. Dem Friedhof auf dem Paul beerdigt ist! Wie makaber, das war muss ich nicht betonen, denn währenddessen spürte ich Paul munter strampeln! Es zerriss mein Herz in Millionen von Teilen! Ich habe so gelitten.

Während dieser vielen intensiven Gespräche an diesem Wochenende mit meinem Mann, sagte er etwas zu mir, was mir so sehr half meinen Weg zu finden! Er sagte: „Du bist Pauls Mutter! Du entscheidest was das beste für unser Kind ist und ich werde jeden Weg mit gehen .“ Erst später begriff ich, das es genau diese Worte waren, die mir halfen unseren Weg zu finden. Die mir halfen, weit über meine Grenzen hinauszugehen.

Ich habe erlebt was es heißt zu sagen , das ich für jemand anderen sterben würde. Ich meine das ganz ernst! Hätte es etwas geändert und Paul eine Chance auf ein schönes Leben gehabt hätte, ich wäre für ihn gestorben!

Ich bin später ein paar mal gefragt worden, wie man nur so eine Entscheidung trifft? Und das sowas unvorstellbar ist. Und das ist es!! Es ist eine Entscheidung die man nicht treffen kann und eigentlich niemand in so einer Situation sein sollte.

Wie wir diese Entscheidung getroffen haben? Mit unendlicher Liebe, ist die Antwort darauf.

An diesem Wochenende wurde uns klar, wir sind jetzt Eltern und müssen unsere Bedürfnisse ganz, ganz weit nach hinten stellen. Wir mussten für Paul da sein und für ihn eine gute Entscheidung treffen. So haben wir uns dazu entschieden ihn mit unendlich großer Liebe in Frieden gehen zu lassen. Hätte ich nach meinen Bedürfnissen gehandelt , ich hätte die Schwangerschaft fortgesetzt.

Aber ich habe erkannt, das es schon lange nicht mehr um mich ging!

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.