Ich kam in den OP und ließ Michael und Paul im Kreißsaal zurück. Mein Herz wurde wieder schwer. Zudem hatte ich große Angst vor der Vollnarkose. Im OP traf ich auf einige nette Menschen, der OP-Pfleger und auch die Schwester im Aufwachraum sprachen mir gut zu und versicherten mir ihren Respekt vor allem was wir erlebt hatten. Ich musste meine Tränen zurückhalten. Jetzt musste ich erst mal diese OP überstehen. Ich wollte doch wider zu Paul unsere Zeit war so begrenzt.
Ich habe zum Glück alles gut hinter mich gebracht und war nach der OP sehr fit, so das ich direkt wieder auf die Station konnte. Michael und Paul waren mittlerweile auch schon wieder in unserem Zimmer angekommen. Als ich ankam, hatte Michael die Kerze angemacht die wir mitgebracht hatten und Paul lag in seinem Körbchen eingekuschelt in die schöne blaue Decke und in seinem Schlafsäckchen. Neben ihm das Kuscheltier, ein kleiner Hund den wir ebenfalls für ihn gekauft hatten. Dieses Bild hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt und ist unterlegt mit purer Liebe. Ich ließ mir Paul direkt wieder in den Arm geben und behielt ihn die ganze Nacht bei mir. Auch den kompletten nächsten Vormittag verbrachten wir gemeinsam. Ich sog alles in mich auf, seinen Anblick, seinen Geruch, das Gefühl seines so kleinen und leichten Körpers auf meiner Brust. Beim Gedanken daran das der Abschied nahte zerbrach mein Herz in noch kleinere Stücke. Ich konnte mir immer noch nicht vorstellen, wie unser Leben nach Paul weiter gehen sollte. Ein Leben ohne Paul war unvorstellbar.
Am nächsten Morgen hatten meine Mutter und mein Bruder sich auf den Weg gemacht und wir warteten auf die Dame der Klinikseelsorge. Wir wollten Paul segnen lassen. Eine Taufe war nicht mehr möglich, da Paul tot geboren wurde. Nur lebendige Menschen können getauft werden.
Als alle da waren begann die Seelsorgerin mit der Segnung. Es war wunderschön und Paul zu ehren. Für uns war es so wichtig Paul mit dem Segen Gottes zu versehen. Ich weinte und weinte….. warum nur? Wir hätten Dich doch so gerne im Arm gehalten, du quietschvergnügt, lebendig, gesund. Warum konnten wir das nicht haben??
Nach der Segnung waren wir wieder für uns. Jedoch nur kurz, den die Ärztin kam um uns zu entlassen. Vor diesem Moment hatte ich große Angst. Ein Abschiede für immer , denn nie wieder kann ich Paul sehen , halten, fühlen, riechen. Es war und ist bis heute grausam. Es zerreißt mich noch heute innerlich wenn ich diese Zeilen nieder schreibe. Alles ist so präsent.
Meine Werte waren alle gut und ich könnte heim, teilte sie uns mit. Wir hätten jedoch alle Zeit um uns zu verabschieden. Wir sollten uns nicht hetzen.
Einen Moment saßen wir noch da, dann begannen wir schweigend zu packen. Paul war immer noch bei uns. Als die Taschen auf dem Bett standen nahm ich Paul noch einmal aus dem Körbchen und setzte mich. Ich zog ihn an mich, versprach ihm das er immer bei uns sein würde. In unseren Herzen immer seinen Platz hat und wir ihn lieben.
Ich versprach ihm auch das wir uns irgendwann wieder sehen. Ich sagte Mama und Papas Zeit auf der Erde ist noch nicht vorbei, aber wenn es so weit ist, würde die Ewigkeit auf uns wartet.
Michael ging raus um die Schwester zu holen, die Paul mitnehmen würde. Als sie kam sah man auch ihr an, wie schwer es für sie war. Sie fragte uns noch ob wir das Kuscheltier und den Schmetterling haben wollen würden als Erinnerung. Nein!!! Sie sollten bei Paul bleiben. Es waren Pauls Sachen. Noch einmal strich ich meinem Kind über die Wange und die Schwester ging mit dem kleinen Körbchen aus dem Zimmer.
Wieder weinen….. weinen ….. weinen…….
Wir fuhren so schweigend wie wir vor ein paar Tagen her gefahren waren wieder nach Hause.